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Am Tag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, dem 8. Mai folgten wir einem Aufruf der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen Hamburg (VVN-BdA) und dem Förderkreis Stadthaus zu einer Protestkundgebung vor der ehemaligen Gestapo Folterzentrale am Stadthaus in Hamburg.

Anstatt dem sich dort befindenden „Shoppingparadies“ forderten wir einen angemessenen Gedenk- und Lernort in den Räumlichkeiten des Stadthauses. Dafür haben wir eine Rede gehalten:

Heute ist der 8. Mai, Tag der Befreiung vom Faschismus hier in der Bundesrepublik. Heute vor 74 Jahren hatte das unbeschreiblich schreckliche Regime der Nazis in Deutschland endlich ein Ende.

Heute an diesem Tag des Feierns und des Gedenkens stellen wir uns vor, wie ein angemessener Raum des Erinnerns hier im Stadthaus und ehemaligen Gestapo Hauptsitz aussehen könnte.

Ein Raum, der immer für Jugendliche,  Schulklassen und alle anderen Interessierten zur Verfügung stünde, hier im Zentrum der Stadt.

Ein Raum, der zur ehrlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte dienen und auch das Lernen über die Widerstandsbewegungen im Nationalsozialismus ermöglichen würde…

Wir sind Teil von Lelka und Mania, einer Gruppe von jungen Menschen, die sich für das Erinnern und gegen Faschismus und Nationalsozialismus einsetzten. Lelka Birnbaum und Mania Altmann sind zwei von zwanzig Kindern, an denen während des Naziregimes medizinische Experimente ausgeführt wurden und die in der Nacht des 20. Aprils 1945 in der Schule am Bullenhuser Damm ermordet wurden.

Hier im Stadthaus, das ab 1936 zusätzlich in der Funktion einer „Staatspolizeistelle“ allen örtlichen Polizeizentralen ganz Norddeutschlands übergeordnet war,  liefen die Fäden der Gestapo zusammen. Von hier aus erfolgten die Anordnungen zur  Verfolgung, Folter, Demütigung, Deportation und Ermordung unzähliger Menschen.

Menschen die nicht in die menschenverachtende Ideologie der Nazis passten und/ oder gegen diese Widerstand geleistet haben.

Die Befehle zur Ermordung und Verfolgung, die zur Nazizeit von hier ausgingen, stehen für alle Anordnungen der Entmenschlichung und Demütigung von Personen durch faschistische Systeme.

So wie auch Lelka und Mania diese erlitten haben.

An  die während des Naziregimes verfolgten und ermordeten Menschen muss hier an diesem Ort erinnert werden!

Aber wenn wir uns die Realität vor Augen führen, dann sehen wir hier einen kommerziellen und privatisierten Ort des Konsums und des Vergnügens. ( als beispiel torture…)

Alle Interessen sollen hier gedeckt werden, auch die der Konsument*innen und Shopping-Gäste, so heißt es. Sollten durch einen Ort des Gedenkens und des Lernens über die Geschichte, einen Ort des Antifaschismus und der Bildung nicht alle Interessen auf einer viel grundsätzlicheren Ebene erfüllt sein?

Außerdem stellen wir generell in Frage, dass in einem Haus, das damals diese Funktion inne hatte, in dem gefoltert und gemordet wurde,  heute ein Ort des Konsums und Vergnügens ist.

In der heutigen Zeit, in der ein starker Rechtsruck der Gesellschaft stattfindet, ist es unglaublich wichtig, dass genau so welche Orte wie hier als öffentliche Lernorte geschaffen werden. Denn Erinnern heißt Widerstand!

Es muss für die ehrliche und offene Auseinandersetzung mit der Geschichte Räume geben, die junge Menschen ansprechen und sie für die Vergangenheit sensibilisieren, sodass wir alle für die Zukunft lernen können!

Wir als antifaschistische Jugendliche Fordern diesen Raum als einen Raum des Erinnerns, um aus der Geschichte zu lernen. In Hamburg gibt es kaum öffentliche Räume die ansprechend und zugänglich für junge Menschen sind, um sich mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.

Wir sind die heranwachsende Generation und sind in der Verpflichtung die Geschichte weiter aufzuarbeiten und uns gegen Faschismus und Nationalsozialismus einzusetzen.  Deswegen fordern wir hier einen Lernort, der den offenen und ehrlichen Umgang mit der Vergangenheit und der Geschichte des Widerstandes möglich macht .Wir fordern hier einen Ort des Gedenkens der angemessen ist. Öffentlich zugänglich für junge Menschen einem dauerhaften Raum, in dem Schulklassen und andere Gruppen sich zusammensetzten können um sich auszutauscshen.

Wir wollen hier regelmäßige Workshops und eine angemessene aufarbeitende Darstellung, die zeigt was hier passiert ist, sowie  weitreichende Informationen über Widerstände gegen den Nationalsozialismus.

Wir fordern, dass das angemessene Gedenken und Erinnern einen höheren Stellenwert hat als Konsum und Vergnügen und, dass die Initiative, Angehörige und der Vvn diesen Raum gestalten können und genügend Platz und Gelder zur Verfügung gestellt werden.

Antifaschismus und die Kultur des Erinnerns braucht einen Ort im Stadtzentrum!! Wir müssen uns nicht für das Geschehene verantwortlich fühlen, aber wir müssen uns dafür verantwortlich fühlen, an die Vergangenheit zu Erinnern und daraus für die Zukunft zu lernen.

Viele von unserer Gruppe waren vor zwei Wochen mit den Sentieri Partigani zusammen in Reggio Emilia und der Umgebung. Einem Gebiet, in dem großer Widerstand gegen den deutsche Besatzung und gegen den Faschismus geleistet wurde. Wir haben Wanderungen gemacht, die die Partisan*innen damals gegangen sind und hatten viele Zeitzeug*innengespräche. Am 25.4., dem italienischen Tag der Befreiung, waren wir auch noch dort.

Der Tag der Befreiung vom Faschismus ist dort ein Feiertag und wird von allen Menschen groß gefeiert und wertgeschätzt. Die Erinnerung an die Geshcichte hat einen sehr hohen stellenwert und es ist ganz klar das sich antifaschistisch positioniert wird.

Wir wollen auch hier den Tag der Befreiung angemessen feiern und erinnern. Deshalb haben wir jetzt den Text für Bella Ciao ausgedruckt, den viele von Euch hoffentlich jetzt vor sich haben und würden das Lied gerne alle zusammen singen. Bella Ciao ist aus der Resistenza, der Widerstandsbewegungen gegen den Faschismus aus Italien. Es lobt die Widerstandkämpfer*innen und Gedenkt den Toten.

Für uns ist es ein Lied der Hoffnung für eine Zukunft des solidarischen Zusammenlebens mit antifaschistischen Selbstverständnis! Genügend angemessener Raum für das Lernen über und den angemessenen und ehrlichen Umgang mit der Vergangenheit wären ein guter Anfang! Erinnern heißt Widerstand!

Danach haben wir mit allen Leuten zusammen Bella Ciao gesungen.

Für uns war der 8. Mai ein sehr bedeutender Tag mit vielen Eindrücken und Erfahrungen. Danke an alle, die dabei waren und bis zum nächsten Jahr (dann 75 Jahre Befreiung!)

Euer Lelka & Mania – Workshoptage Orgateam

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