Category: Erinnern, Nacht der Museen, Rechte Gewalt

Halim Dener wurde im Jahre 1977 in Bingöl, Westkurdistan geboren. Weil er und seine Familie Kurden waren und sich in der
kurdischen Freiheitsbewegung engagierten, wurden sie vom türkischen Militär und den Behörden verfolgt. Nachdem Halim
verhaftet und anschließend im Gefängnis gefoltert wurde, entschied er sich im Jahre 1994 nach Deutschland zu flüchten, um
dort einen Asylantrag zu stellen.
Unter dem falschen Namen Ayhan Eser stellte er Anfang Mai 1994 seinen Asylantrag in Neustadt am Rübenberge. Den Namen
Ayhan Eser verwendete er, um seine Familie nicht zu gefährden, die in der Türkei geblieben war. Sicher auch mit Blick auf die
1993 erfolgte Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung durch das Verbot der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK)
engagierte sich Halim auch in Deutschland angekommen weiter politisch.
Als Halim in der Nacht zum 30. Juni 1994 mit einigen anderen Kurden am Steintormarkt in Hannover Plakate der Nationalen
Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) klebte, wurden sie von zwei zivilen Polizisten entdeckt. Laut Zeugenaussagen näherte
sich der SEK-Beamte Klaus T. bereits mit gezogenem Revolver. Der Beamte sagte aus, es habe eine Rangelei mit Halim
gegeben, in der ihm sein Revolver aus dem Holster gefallen war. Als der Beamte danach griff lief Halim weg und der Revolver
löste aus Versehen einen Schuss aus, der Halims Brust von hinten durchschlug und ihn tödlich verletzte. Die Schmauchspuren
auf Halims Weste und Handfläche deuten jedoch eindeutig darauf hin, dass er aus nicht mehr als 15 Zentimetern erschossen
wurde. Hinzu kommt, dass die Waffe des Beamten einen äusßerst schweren Abzug hatte, der ein versehentliches Auslösen fast
unmöglich machte.
Vor dem Landgericht Hannover wurde der Beamte wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Das Verfahren endete 1997
mit einem Freispruch, die Begründung lautete, Klaus T. sei höchstens unvorsichtig gewesen, nicht aber fahrlässig.
Am ersten Todestag von Halim versammelten sich über 10.000 Menschen in Hannover, um zu demonstrieren. Die
Nachwirkungen des Falls dauerten bis 2007 an, als die Räume eines kurdischen Vereins und die Wohnungen mehrerer
Mitglieder durchsucht wurden, denen vorgeworfen wurde, den Mord des verantwortlichen Polizisten Klaus T. zu planen. Die
Hausdurchsuchungen ergaben keinerlei Anhaltspunkte für ein Attentat. Die Staatsanwaltschaft erklärte daraufhin, es sei
ohnehin eher eine präventive Maßnahme gewesen, um die Betroffenen wissen zu lassen, dass ihre Pläne aufgeflogen seien.
Die Polizei hoffte also gar nicht darauf, irgendetwas Belastendes zu finden, es handelte sich eher um willkürliche Repression
zur Einschüchterung politscher Aktivisten. Bis heute wird an Halim erinnert, als jemand der für seine politischen
Überzeugungen, aber auch für sein Aussehen erschossen wurde.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.