Category: Erinnern, Nacht der Museen, Rechte Gewalt

weil die Angst vor dem, was im Leben kommt, größer wurde, als die Angst vor dem Tod“, 

Pastor Wietrichowski auf Shewits Trauerfeier

Im Sommer 2015 beschließt die 15 jährige Shewit ihre Geburtsstadt Senafe in Eritrea zu verlassen. Seit Jahren herrscht in dem ostafrikanischen Land eine autoritäre Militärdiktatur, in der Folter und Verfolgung an der Tagesordnung stehen. Es gibt keine Arbeit. Ca. 50 % der Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze. Wie viele andere Menschen, träumt Shewit von einer besseren Zukunft für sich und ihre vier jüngeren Geschwister. Sie ist 15 Jahre alt und alleine, als sie sich auf den Weg nach Europa macht. Ihr Weg führt sie durch Äthiopien, den Sudan und Lybien, über das Mittelmeer bis nach Italien. Schließlich erreicht Shewit nach einem Jahr auf der Flucht Deutschland. Sie wird von der Erstaufnahmestelle in Gießen nach Makranstadt und dann in ein Kinderheim für minderjährige Asylsuchende in Borsdorf geschickt. Shewit bekommt ein Platz in dem Beruflichen Schulzentrum Wurzen, wo sie Deutsch lernt und Freundinnen und Freunde findet. Es scheint, als wäre sie endlich angekommen.

Im Januar 2017 wird sie jedoch zu ihrem „Interview“ in die Ausländerbehörde gerufen. Dieses „Interview“ soll überprüfen ob Shewits Asylantrag in Deutschland bewilligt wird. Nach der „Dublin 3 Verordnung“, müssen Geflüchtete nämlich ihren Asylantrag in dem Land stellen, das sie bei ihrer Einreise nach Europa als Erstes betreten haben. Shewits Asylantrag, in Deutschland wird daraufhin abgelehnt. Als sie Europa in Italien erreicht, musste sie dort ihre Fingerabdrücke abgeben. Sie soll nach Italien abgeschoben werden. Hier sind die Lebensumstände für Menschen, die eine Flucht hinter sich gebracht haben katastrophal.

Shewits Traum von einer Existenz in Frieden unter menschenwürdigen Bedingungen zerplatzt. Am 24. Februar beschließt Shewit sich das Leben zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt ist sie 17 Jahre alt.

FreundInnen, BetreurInnen aus ihrer Unterkunft und die Kirche organisieren für Shewit eine Trauerfeier. Sie möchten das der Fall sensibel behandelt wird, gleichzeitig wollen sie aber auch, dass er gesehen wird. Denn Shewits Geschichte ist kein Einzelfall. Suizide und psychische Erkrankungen unter Geflüchteten haben in den letzten Jahren rapide zugenommen.

Der Druck, ausgehend von Europas Grenz- und Asylpolitik ist tödlich. Von traumatischen Erlebnissen auf der Flucht und Sterben im Mittelmeer bis hin zu rassistischer Hetze von Gesellschaft und Staat. Ein System, das Menschen durch Kategorien wie „legal“ und „illegal“ ihrer Existenz und Zukunft beraubt ist verantwortlich für den Tod von Shewit und vielen Anderen.

 

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